MESSTECHNIK & ANALYTIK



 Nahtlose Edelstahlrohre für Reinraumanwendungen 

Präzise Rohrprüfung im Mikrometerbereich 

TPS-Technitube Röhrenwerke GmbH

Über den Erfolg einer Produktionscharge in der Pharmaindustrie entscheidet oft ein winziger Fehler in den Anlagen oder Medien. So können bereits minimale Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche einer Leitung, wie Mikrorisse oder winzige Partikel, in sterilen Prozessen zu Kontaminationen führen, die im schlimmsten Fall teure Rückrufe oder sogar gesundheitliche Risiken nach sich ziehen. Deshalb müssen Bauteile, wie die nahtlosen Edelstahlrohre von TPS-Technitube, höchsten Qualitätsstandards entsprechen. Diese Rohre werden in Bereichen angewendet, in denen Reinheit und Präzision oberste Priorität genießt, sei es beim Transport von Edelgasen oder in Anlagen, in denen sterile Medien befördert werden.

 

Herausforderung manuelle Rohrinspektion 

Traditionell erfolgt die Qualitätskontrolle mittels Endoskopie. Dabei wird eine hochauflösende Kamera manuell durch das Rohr geführt und die Innenfläche visuell geprüft. In der Praxis bedeutet dies, dass Mitarbeitende über lange Zeiträume hinweg winzige Kratzer, Risse oder Ablagerungen am Bildschirm identifizieren müssen. Diese Methode birgt jedoch einige Herausforderungen.

Denn die optische Bewertung mikroskopischer Fehler jenseits der üblichen Standards und Normen ist stark von der individuellen Wahrnehmung abhängig. Was der eine als minimal tolerierbar einstuft, wird von einer anderen kritisch bewertet. Außerdem führt die erforderliche Konzentration schnell zu Ermüdungserscheinungen, was die Fehlerquote erhöhen kann.

Gerade in der Pharmaindustrie, wo GMP-Richtlinien sowie FDA- und EMA-Vorgaben eine lückenlose Dokumentation und Nachvollziehbarkeit fordern, ist diese subjektive Fehlerbewertung nicht akzeptabel. Jede Abweichung muss reproduzierbar und nachvollziehbar dokumentiert sein, um im Auditprozess Bestand zu haben.

 

Eigene Bilddaten zur menschlichen Entlastung 

Um diese Herausforderungen zu meistern, hat TPS-Technitube in Zusammenarbeit mit der Berliner KI-Beratung One Thousand eine maßgeschneiderte Lösung entwickelt. Die Methode kombiniert die bereits eingesetzte Endoskopietechnik mit einem eigens trainierten Bilderkennungsmodell – speziell auf die Anforderungen von Reinraumanwendungen in der Pharmaindustrie zugeschnitten.

    1

    Technische Basis 

    TPS-Technitube stellt nahtlose Edelstahlrohre her, deren Innendurchmesser zwischen 7,5 und 22 Millimetern variieren und die für pharmazeutische Prozesse zum Einsatz kommen, bei denen glatte und reine Oberflächen und höchste Korrosionsbeständigkeit essenziell sind.

    2

    Umfangreiche Trainingsdaten

    Die KI-Lösung basiert auf einer umfangreichen Fehler-Datenbasis, die über 20.000 Endoskopiebilder umfasst. Dabei wurden für jeden der relevanten Fehlertypen – von Mikrorissen über Kratzer bis hin zu feinen Partikelablagerungen – rund 2.000 Beispiele gesammelt und sorgfältig markiert. Diese Detailgenauigkeit ermöglicht es dem System, auch feinste Unregelmäßigkeiten zuverlässig zu erkennen und zu bewerten.

    3

    Lokale Datenverarbeitung

    Im Einklang mit den strengen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen in der Pharmaindustrie wird die KI-Lösung lokal bei TPS betrieben. So bleiben sämtliche sensiblen Produktionsdaten innerhalb des Unternehmens, was auch externen Cloud-Lösungen oft fehlt.

Funktionsweise der KI-gestützte Rohrprüfung 

Die Lösung verändert den Inspektionsprozess, ohne dass sich dabei der bewährte Workflow grundlegend ändert:

    1

    Echtzeit-Endoskopie

    Wie gewohnt wird das Rohr mittels einer hochauflösenden Kamera inspiziert. Während die Kamera durch das Rohr fährt, werden kontinuierlich Bilddaten erzeugt und in Echtzeit an das Analyse-System übermittelt.

    2

    Automatische Fehlererkennung

    Das KI-Modell analysiert die eingehenden Bilder sofort und markiert potenzielle Fehlerstellen farblich – Grün signalisiert dabei, dass eine Unregelmäßigkeit im akzeptablen Rahmen liegt, während Rot auf kritische Defekte hinweist, die weiter überprüft werden müssen.

    3

    Menschliche Validierung

    Trotz der hohen Präzision der KI bleibt der Mensch im Entscheidungsprozess. Das Prüfpersonal sichtet die von der KI vorgeschlagenen Bewertungen und kann per Klick eventuelle Abweichungen korrigieren.

    4

    Lückenlose Dokumentation

    Jeder Prüfzyklus wird vollständig protokolliert. Die digital erfassten Bilder und die dazugehörigen Bewertungen bilden einen Audit-Trail, der bei behördlichen Inspektionen und internen Audits den strengen Compliance-Anforderungen gerecht wird.

Endoskopie aus Prüfersicht: Optisch erkannte Mängel werden visuell markiert. Quelle: One Thousand

Vom Hackathon zur CRM-Automatisierung 

Die KI-gestützte Rohrprüfung ist nicht die erste Zusammenarbeit zwischen TPS und der KI-Beratung One Thousand - Automatisierung ihres Angebotsprozesses: Kundenanfragen, die per E-Mail eingehen, werden durch eine KI-Lösung automatisch analysiert und in das bestehende CRM-System überführt. Dabei werden Maße, DIN-Normen und Projektdaten extrahiert, was die Bearbeitungszeit erheblich reduziert und Fehlerquellen minimiert. Dies mündet in einer hybriden Arbeitsweise: Während die KI die Routineaufgaben bis hin zur Angebotskalkulation und der Angebotsvorbereitung übernimmt, prüft der Vertriebsexperte technisch-wirtschaftlich und logistische Aspekte und gibt diese final frei. 

Ob bei der Angebotsverwaltung oder in der Qualitätskontrolle: Die innovativen Lösungen machten stets ihren Anfang als Idee in einem gemeinsamen Hackathon zwischen Unternehmen und KI-Experten. Hier arbeiten in nur ein bis zwei Tagen interdisziplinäre Teams aus, welche Pain Points es durch die künstliche Intelligenz zu adressieren gilt – und welche vorhandenen Daten genutzt werden können, um für diese Aufgabe ein KI-Modell nach Maß zu entwickeln und zu trainieren.

 

Pharmaspezifische Vorteile 

Die Implementierung der KI-gestützten Rohrprüfung bietet eine Reihe von Vorteilen, die besonders in der Pharmaproduktion von Wert sind. Durch die Erkennung mikroskopischer Fehler wird die Rückrufquote reduziert, wodurch die Pharmaproduktion insgesamt sicherer, kostengünstiger und effizienter wird. Gleichzeitig verbessert die KI die Compliance und Auditierbarkeit, indem sie die lückenlose Dokumentation jedes Inspektionsvorgangs ermöglicht und so einen digitalen Audit-Trail schafft, der den strengen Anforderungen von GMP sowie FDA- und EMA-Richtlinien entspricht. Dies erleichtert sowohl interne als auch externe Audits und stärkt das Vertrauen der Kunden. Zudem übernimmt die KI die Vorauswahl potenzieller Fehler, sodass das Prüfpersonal sich auf die endgültige Bewertung konzentrieren kann. Dadurch werden subjektive Einschätzungen reduziert und die Fehlerquote gesenkt.

 

Ein Schritt in Richtung digitale Exzellenz 

Die Kooperation zwischen TPS Technitube und One Thousand zeigt, wie künstliche Intelligenz traditionelle Qualitätssicherungsprozesse in der Pharmaindustrie auf ein zeitgemäßes Niveau bringen kann. Die entwickelte KI-Lösung kombiniert bestehende Endoskopietechnik mit einem speziell trainierten Bilderkennungsmodell, das mikroskopische Fehler in nahtlosen Edelstahlrohren präzise identifiziert. Dieser Ansatz bewältigt die Herausforderungen der manuellen Inspektion – subjektive Bewertungen, Ermüdungserscheinungen und mangelnde Nachvollziehbarkeit – und schafft gleichzeitig erhebliche Vorteile: Erhöhte Produktsicherheit durch zuverlässigere Fehlererkennung, verbesserte Compliance durch lückenlose Dokumentation sowie eine deutliche Entlastung des Prüfpersonals. Die erfolgreiche Implementierung dieser Technologie in kurzer Zeit demonstriert das Potenzial von KI-Lösungen, die pharmazeutischen Qualitätsstandards zu erfüllen und gleichzeitig Effizienz und Sicherheit zu steigern.

Und das ist nur ein Einsatzgebiet von KI in nur einer Branche. Wie das zuvor genannte Beispiel der Angebotsverwaltung zeigt, lassen sich auch allgemeine Prozesse speziell auf die Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst mit künstlicher Intelligenz automatisieren und verbessern. Ob Produktionsoptimierung, Auftragserfassung, Kundensupport oder andere Aufgaben – in der Pharmatechnik und darüber hinaus müssen deutsche Unternehmen nicht auf die großen Software-Anbieter warten, um ihre KI-Transformation selbst in die Hand zu nehmen.

Autor


Tim Schleicher

CEO One Thousand GmbH