THEMEN-SPECIAL

Lücke zwischen Strategie und Umsetzung

Nachhaltigkeit in Pharma und Chemie



Der Klimawandel hat das Thema Nachhaltigkeit auch in vielen Unternehmen ganz oben auf die Agenda gesetzt – und eine breite Mehrheit hofft auf digitale Technologien, um die gesteckten Ziele zu erreichen. So geben 75 Prozent der Chemie- und Pharmaunternehmen an, dass Nachhaltigkeit ein wesentlicher Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie ist. 70 Prozent sind überzeugt, dass digitale Technologien dabei helfen können, energieeffizienter zu wirtschaften. Fast ebenso viele, 64 Prozent, versprechen sich langfristige Vorteile von Investitionen in digitale Technologien, die die eigenen Nachhaltigkeitsziele unterstützen. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von Bitkom Research im Auftrag des IT-Dienstleisters Tata Consultancy Services (TCS) unter 951 Unternehmen in Deutschland. 

„Die Unternehmen haben erkannt, dass es für die aktive Gestaltung nachhaltigen Unternehmenserfolges vor allem eines bedarf: Den orchestrierten Einsatz innovativer Technologien. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz, Blockchain und dem Internet der Dinge sind wir bereits heute schon in der Lage, viel ressourceneffizienter zu wirtschaften“, sagt Thorsten Mebs, Senior Supply Chain Advisor im Bereich Life Science bei TCS. 

Allerdings verfügt nicht einmal die Hälfte (49 Prozent) der Unternehmen über das Wissen, wie sich digitale Technologien für mehr Nachhaltigkeit einsetzen lassen. Zudem hat gerade einmal jedes Vierte (26 Prozent) für mehr Nachhaltigkeit ein spezielles Budget eingeplant – weniger als der Gesamtdurchschnitt der untersuchten Branchen (33 Prozent). 

„Insbesondere in der energieintensiven Produktion der Chemie- und Pharmafirmen gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, um nicht nur die Emissionen zu reduzieren und den Wasserverbrauch zu senken“, sagt Thorsten Mebs. „sondern auch den Einsatz von Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch intelligente Planung und Anwendung moderner Technologien zu optimieren und aktiv zu steuern.“

Schleichende Digitalisierung

Bei der Nachverfolgbarkeit von Materialien in der Lieferkette bietet beispielsweise die Blockchain-Technologie größtmöglichen Informations- und Datenschutz für alle Prozessbeteiligten. Allerdings nutzen erst acht Prozent der Unternehmen die Technologie, bei der Informationen statt zentral auf einem Server an vielen verschiedenen Stellen gespeichert werden. Die Daten können nicht geändert werden, ohne dass andere das mitbekommen. Die Blockchain ist praktisch fälschungssicher, schafft Transparenz und ermöglicht es, Informationen effizient und schnell auszutauschen. Weitere 13 Prozent planen oder diskutieren den Einsatz. Für 77 Pozent ist Blockchain jedoch kein Thema. Dabei erleichtert die Technologie die Zusammenarbeit verschiedener Akteure zu koordinieren, die sich nicht kennen. 

Auch die Digitalisierung der von Chemie- und Pharmabranche insgesamt geht nur langsam voran. Auf einer Skala von 1 (ganz am Anfang) bis 10 (vollständig digitalisiert) sehen sich die befragten Unternehmen aktuell bei einem Wert von 5,8. Vor einem Jahr lag der Wert erst bei 5,7. Im Branchenvergleich liegen Chemie- und Pharmaunternehmen damit auf dem vorletzten Platz. Zwar schritt die Digitalisierung in den vergangenen Jahren kontinuierlich voran, doch es gelang der Branche nicht, Plätze gutzumachen.

Den Handlungsbedarf haben die Chemie- und Pharmaunternehmen gleichwohl erkannt: Sechs von zehn Firmen haben eine spezielle Einheit gebildet, die die Digitalisierung im Unternehmen verantwortet (59 Prozent) – in der Gesamtwirtschaft verfügt nicht einmal die Hälfte (45 Prozent) über eine entsprechende Einheit. Ähnlich viele Unternehmen in der Branche (58 Prozent) setzen auf Change-Management.

„Change-Management hat in Unternehmen die Funktion einer zentralen Schnittstelle, die große Veränderungsprozesse begleitet“, sagt Branchenexperte Mebs. „Die aktive Gestaltung des kontuierlichen digitalen Wandels unter Einbeziehung von Menschen, Prozessen und Technologien im Unternehmen wird durch den Einsatz von Change-Management ermöglicht. Die Mehrheit der Unternehmen greift daher bereits auf entsprechende Methoden zurück.“