REINRAUM

 Design, Hygiene und Effizienz 

 Kein Reinraum von der Stange



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ABF ist ein familiengeführtes Unternehmen, das sich neben dem klassischen Apothekenbetrieb auf hoch spezialisierte patientenindividuelle Lösungen spezialisiert hat. Das Reinraumlabor von ABF hat sich auf die Zubereitung von individuellen, patientenbezogenen Rezepturen im ambulanten Therapiebereich fokussiert, wie Zytostatikaversorgung, Parenterale Ernährung, Schmerztherapie, Antibiotikatherapie, Desferaltherapie und Virustatikatherapie. Um der wachsenden Nachfrage ausreichend Raum zu geben, wurde jetzt ein Neubau in Betrieb genommen. „GS28“, das moderne Gebäude in Fürth bietet Unternehmen eine Heimat für kreatives Arbeiten. Neben außergewöhnlicher Innenarchitektur verfügt das Gebäude auch über Reinräume auf dem neuesten Stand der Technik, die im Rahmen einer Herstellerlaubnis gem. §13 AMG betrieben werden.

Becker Reinraumtechnik erhielt bereits 2017 den Auftrag zur umfassenden Planung und dem Schlüsselfertigbau aller GMP-Reinräume. Ausgangspunkt war die berühmte „grüne Wiese“. Es galt dabei einerseits eine Vielzahl von Schnittstellen mit der Architektur des Neubaus zu bedenken, abzustimmen und Lösungen zu finden. Andererseits bestand insbesondere der Anspruch, gemeinsam mit dem Bauherren ein Optimum für die Prozessabläufe und Logistik zu finden, um die Herstellung in Zukunft und über viele Jahre hinweg effizient und zu optimierten Herstellkosten wettbewerbsfähig sicher zu stellen. Das Augenmerk der Becker-Techniker lag zudem in der Energieeffizienz der Gesamtanlagen, um auch die laufenden Kosten auf ein Minimum zu bringen. Somit wurde dem Kunden ein „Maßschuh“ für seine Reinraumproduktion gefertigt. Last but not least wurde der Kunde im Gesamtprozess auch beim Überwinden der formalen Hürden bis zur behördlichen Freigabe begleitet, ein wesentlicher Faktor für einen Herstellbetrieb.

 

„Maßschuh“ für Reinraumproduktion

Der Kern der Herstellung umfasst drei Herstellräume der GMP-Klasse „B“ in denen an neun Arbeitsplätzen in Steril- und Sicherheitswerkbänken der GMP-Klasse „A“ gearbeitet wird. Dabei sind die Bereiche in TOX und NONTOX getrennt, um neben dem Produktschutz auch den Personenschutz sicher zu stellen und Querkontaminationen zu vermeiden. Die gesamte Fläche der Kern-Reinräume liegt bei über 400 Quadratmeter.

Abb. 1: Blick in einen der Herstellräume für Zytostatika

Zusätzlich zu den Reinräumen wurden auch Laborräume und Kühlzellen sowie die Serverraumkühlung, Lagerkühlung und die Bürokühlung geliefert. „Für viele Kunden ist unser Klima/Lüftungs-Know-How auch außerhalb der Reinraumtechnik sehr wertvoll, da wir ihnen ein abgestimmtes Gesamtkonzept liefern können und sie alles aus einer Hand bekommen“ so Steil.

Abb 2: Sterilherstellung für parenterale Ernährungen

Aber zurück zur Reinraumtechnik: was unterscheidet dieses Projekt von „Reinräumen von der Stange“, in denen meist Aluprofilsystem-Konstruktionen einfach mit FFUs ausgestattet werden, um möglichst günstig angeboten werden zu können? Um Herstellkosten zu minimieren gilt es, einen hocheffizienten Materialfluss umzusetzen, der Zeit und Kosten spart. Hier sind Investitionen in smarte Technik nach kürzester Zeit amortisiert. Ein Highlight ist dabei die von Becker patentierte und TÜV zertifizierte Quick-Out Schleuse: sie erlaubt Ware nach der Herstellung auf kurzem Weg über mehrere Reinraumklassen hinweg auszuschleusen und zwar ohne das Risiko einer Rückkontamination. Ein echter Vorteil für ABF und generell für alle Kunden, die kostengünstig herstellen möchten.

Abb. 3: patentierte BECKER QuickOut-Schleuse: Beladeseite im GMP „B“ Bereich (im Bild rechts)


Abb. 4: Entladeseite der Quick-Out-Schleuse im „CNC“ Bereich

Eine Kostenersparnis kann nicht nur im schnellen horizontalen Materialfluss liegen, sondern auch im Vertikalen. In dem Neubau von ABF erstrecken sich die Reinräume und Logistikbereiche über mehrere Etagen - hier sind kurze Wege bares Geld, aber wie immer in der Reinraumtechnik: sicher müssen Sie sein und mögliche Kontaminationen vermeiden. Dazu wurde in Fürth ein Reinraumaufzug geplant und installiert, der aus der Logistikzone im EG der Klasse „CNC“ direkt in die Vorbereitung der GMP Klasse „C“ liefern kann, und zwar in einem validierten Prozess. Schneller und sicherer geht’s nicht.

Abb 5: Reinraumaufzug aus Logistikbereich „CNC“ in die Vorbereitung Klasse „C“

Betriebssicherheit 

Von elementarer Bedeutung in einem Herstellbetrieb ist die Betriebssicherheit der Anlagen. Schließlich geht es bei AdHoc Herstellungen oft um Leib und Leben von Menschen. Um dies sicher zu stellen, wurden eigens Kombinationen von Lüftungsgeräten entwickelt und gebaut, die bei Ausfall eines Teilgerätes den Weiterbetrieb aller Bereiche sicherstellen, ohne aber doppelte Investkosten dafür zu erzeugen. Auch für die Kälteversorgung gibt es Notumschaltszenarien mit speziellen hydraulischen Schaltungen und Sollwertschiebungen. Gleiches gilt für das Heizmedium, für das es im Notfall eine Notdruckhaltung gibt. Sogar das Partikelmonitoring ist redundant ausgeführt. Um das Sicherheitsakte abzurunden sind in der kritischen Herstellbereichen Havarieschalter verbaut, die im Notfall lüftungstechnisch die richtigen Schritte einleiten.

 

Investitionskosten und laufenden Kosten

Neben den Investitionskosten in einen Reinraum sind auch die laufenden Kosten dieser Anlagen von elementarer Bedeutung und werden bei Investitionsentscheidungen oft immer noch vernachlässigt. In diesem Leuchtturmprojekt standen sie von Beginn an vorderster Stelle: die Kälteerzeugung erfolgt durch freie Kühlung über Rückkühler und Plattenwärmetauscher, bei gegebenen Außenbedingungen die effizienteste Art der Kühlung. Eine ebenso sehr wirksame Art der Energieeinsparung ist eine intelligente Gestaltung des Absenkbetriebes: einzelne Räume und Bereiche können – unabhängig voneinander und über mehrere Geschosse hinweg- abgesenkt und validiert wieder hochgefahren werden.

 

Ergonomie und Wohlfühlfaktor 

In einem Gesamtkonzept dieser Qualitätsstufe wurde natürlich auch an die Ergonomie und den Wohlfühlfaktor für die Mitarbeitenden gedacht. Störmeldungen werden nicht wie gewöhnlich auf Hupen und Blinkleuchten geleitet, sondern die herstellenden Mitarbeiter bekommen Störmeldungen direkt auf den in der Werkbank integrierten Bildschirm geliefert, und zwar in Klartext, sodass individuell reagiert werden kann, ohne den Herstellungsprozess an der Bank zu stören.

Im Innern der Sicherheitswerkbänke sind zudem Kameras angebracht, um den Herstellungsprozess zu sichern, zu optimieren und für Schulungszwecke anschaulich zu sein. Unter dem Motto „Das Auge produziert mit …“ wurde in den Reinräumen ein Wohlfühlfaktor für die Augen der Mitarbeiter beschaffen: an ausgewählten Stellen in den Räumen wurden Fotomotive GMP gerecht in die Reinraumwände integriert.