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Kooperation für die Verarbeitung von Glasbehältern

Komplexe Fülllinie trotz Lieferengpässen 

Steriline, ein italienischer Hersteller von robotergesteuerten und standardmäßigen Füll- und Verpackungslinien für die aseptische Verarbeitung von injizierbaren Arzneimitteln, hat vor Kurzem eine Linie zur Verarbeitung von Spritzen, Karpulen und Vials sowohl als Bulkware als auch in gebrauchsfertigen Tubs (RTU) an Berkshire Sterile Manufacturing (BSM) geliefert. 

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(Will be hidden in the published article)

BSM mit Sitz in Lee, Massachusetts, ist ein amerikanisches Auftragsfertigungs- und Entwicklungsunternehmen (CDMO), das für die Pharma- und die Biotech-Industrie injizierbare Arzneimittel abfüllt und verpackt, wobei der Schwerpunkt auf der Herstellung von Kleinmengen und klinischen Produkten liegt. Mit der Mission, Produkte für den klinischen Einsatz mit einem höchstmöglichen Maß an Sterilität und Qualität anzubieten, ist BSM dank der weitsichtigen Vision seiner Gründer, zweier Branchenexperten für die Herstellung steriler Arzneimittel, kontinuierlich gewachsen. Das Werk kann derzeit 2 bis 100 Milliliter in Glasfläschchen (Bulk oder RTU), 0,5 bis 10 Milliliter in Glas- oder Polymerspritzen und bis zu 3 Milliliter in Glas- oder Polymerkarpulen abfüllen. Produkte in Glasfläschchen können in flüssiger Form oder lyophilisiert (gefriergetrocknet) verschlossen werden.

Im Jahr 2021 investierte BSM rund 20 Millionen US-Dollar in die Erweiterung seiner Produktionskapazitäten und -möglichkeiten. Die Investition umfasste zusätzliche Labor- und Lagerflächen sowie eine Verdoppelung der Reinraumanlagen zur Aufnahme einer neuen, vollautomatischen, 100 Prozent isolatorbasierten, flexiblen, sterilen Abfüllanlage mit Gefriertrockner. 

BSM wollte eine Fülllinie mit einer Kapazität von 60.000 Einheiten pro Charge bei Vials (lose und in RTU), Spritzen und Karpulen, nebst Gefriertrocknungsfunktion für bis zu 35.000 Einheiten pro Charge bei 10R-Fläschchen, einschließlich eines aktiven Dekontaminierungssystems für RTU-Tubs. Zunächst evaluierte BSM lokale Partner und beauftragte Colanar mit einer Füllmaschine, Genesis mit einer Verschließmaschine und IMA mit einem Gefriertrockner. Schließlich wurde Steriline beauftragt, die weiteren erforderlichen Maschinen und Isolatoren sowie ein von Claranor gebautes, auf UV-Bestrahlung basierendes robotergesteuertes Tub-Dekontaminierungssystem (RTDS2) für RTU-Tubs zu liefern, um die Linie zu vervollständigen und alle Geräte in ein einheitliches, schlüsselfertiges System einzubinden. 

Steriline, der Hauptlieferant im Rahmen des Projekts, stellte eine rotierende Reinigungsmaschine, Schubzuführer-Vorrichtungen für Fläschchen, einen Depyrogenisierungstunnel, eine halbautomatische Auspackmaschine unter oRABS, ein robotergestütztes Tub-Dekontaminierungssystem, einen Füllisolator und ein positives Umlenksystem sowie ein System mit laminarem Luftstrom für den Be- und Entlader des Gefriertrockners zur Verfügung. Da die Linie Glasbehälter sowohl in loser Form als auch in RTU-Tubs verarbeiten sollte, war Flexibilität eine der Hauptanforderungen an die Lieferung, da die beiden Produktformate unterschiedliche Schritte für den Primärverpackungsprozess erfordern.

Verarbeitung von Glas-
behältern in RTU-Tubs 


Die Glasbehälter (Fläschchen, Spritzen oder Karpulen) im RTU-Format werden in tiefgezogenen Kunststoffbehältern geliefert, die mit einer Folie und einem Tyvek-Deckel versiegelt sind. Die Tubs befinden sich in doppelten Beuteln, sind in Kartons verpackt und palettiert.

Eine Fachkraft entfernt manuell den Sekundärbeutel und lädt das im Primärbeutel befindliche Tub auf ein Band, das zur halbautomatischen Auspackstation (SDB) fährt, wo der Primärbeutel entfernt wird. Das SDB-System befindet sich in einem Barrieresystem mit eingeschränktem Zugang (Restricted Access Barrier System, RABS). 

Die Tubs werden anschließend an der Eingangsstation des RTDS2 positioniert. Dieses aus 3 Kammern bestehende Dekontaminierungssystem ist die erste Maschine, welche die Pulsed Light Technology (PLT) für RTU-Tubs einsetzt. Das Tub gelangt in die Einlasskammer, wo es von einem Roboterarm gegriffen wird und so gedreht wird, dass jede Seite des Tubs mit vier Xenonlampen (von Claranor) bestrahlt wird. Die Xenonlampen geben eine Reihe von 0,3 Millisekunden langen Weißlichtblitzen mit 1 Megawatt ab, die ausreichend Energie liefern, um die Oberflächen des Tubs vollständig zu dekontaminieren. Das System ist mit einem Generator ausgestattet, der Energie in einem Kondensator speichert. Wird der Kondensator ausgelöst, zündet er mit einem Hochspannungsimpuls von 20 Kilowatt und 300 Joule die Xenonlampen, die gepulste UV-Lichtblitze mit einem breiten Spektralbereich emittieren, die 50.000 Mal intensiver sind als das Licht, das unsere Sonne auf eine ähnliche Oberfläche der Erde ausstrahlt. Durch dieses Licht werden alle Mikroorganismen auf den Oberflächen des RTU-Tubs abgetötet, bevor es in die Abfülllinie gelangt. Die PLT bietet eine effiziente und sichere Dekontamination, ohne die Verpackung zu beschädigen.

Da die PLT im Schatten nicht wirksam ist, dreht der RTDS2-Roboterarm das Tub so, dass alle Tub-Oberflächen von den Pulslichtlampen erfasst werden, um sicherzustellen, dass alle Oberflächen ordnungsgemäß dekontaminiert werden. Passiert das Tub die Auslasskammer, wird es unter einem unidirektionalen Luftstrom in die ADE ausgestoßen, wo ein Roboterarm den Tyvek-Deckel entfernt und das Tub in die Füllmaschine weiterleitet. Nachdem die Behälter befüllt und mit einem Stopfen verschlossen wurden, werden die Fläschchen, deren Inhalt gefriergetrocknet werden muss, in den Gefriertrockner bewegt, während die anderen Fläschchen direkt in die Verschließmaschine weitergeleitet, wo der Primärverpackungsprozess abgeschlossen wird, wohingegen Spritzen und Karpulen die Füllmaschine in ihrem Tub verlassen.

Verarbeitung von losen Glasbehältern 

Bei losen Fläschchen gibt es einen anderen Ablauf. Die Fläschchen werden manuell aus ihrer Umverpackung genommen und auf den Drehtisch der Rotationswaschmaschine RA-V4 geladen, wo Greifer automatisch jedes Fläschchen aufnehmen und für eine optimale Sprühreinigung und Trocknung während des Durchlaufs durch die Wasch- und Trocknungsstationen neu positionieren. Diese Stationen sind mit Nadeln ausgestattet, die angehoben und in das Innere der Fläschchen geschoben werden, wo sie die Innenflächen der Fläschchen mit Wasser für Injektionszwecke (WFI) und Druckluft besprühen. Nach dem Waschen und Trocknen werden die Fläschchen automatisch auf das Förderband zwischen Wascher und Depyrogenisierungstunnel entladen. Das integrierte Steuersystem der Rotationswaschmaschine, das eine speicherprogrammierbare Steuerung (PLC) und eine Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) umfasst, steuert automatisch alle Funktionsparameter der Maschine entsprechend den verschiedenen Fläschchengrößen und -typen. 

Sobald die Fläschchen gewaschen sind, schiebt die Fläschchen-Schubzuführer-Vorrichtung VP300 die Fläschchen unter laminarem Luftstrom (Laminar Air Flow, LAF) in den ST0-CCS-Depyrogenisierungstunnel, der eine Grundfläche von 1.670 Millimeter Länge, 1.260 Millimeter Breite und 2.400 Millimeter Höhe hat.

Die Parameterdaten sind in verschiedenen Rezepturen gespeichert, die passwortgeschützt und nur für Vorgesetzte und autorisiertes Personal zugänglich sind. Die RA-V4 hat eine Grundfläche von 1.500 x 1.476 Millimeter und ist für die Verarbeitung von bis zu 7.200 Fläschchen pro Stunde ausgelegt. Teile, die mit dem Inneren der Fläschchen und den Prozessflüssigkeiten in Kontakt kommen, sind aus Edelstahl AISI 316L, während die anderen Teile aus Edelstahl AISI 304 gefertigt sind. RA-V4 entspricht den aktuellen Anforderungen der Guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practices, cGMP), der Guten Automatisierten Herstellungspraxis (Good Automated Manufacturing Practice, GAMP) und Titel 21 des Code of Federal Regulations (Sammlung der Bundesverordnungen) Teil 11 (21CFR Part 11).

Der ST0-CCS-Tunnel besteht aus drei Kammern: der Einlasskammer, der Heißkammer und der Kühlkammer. Die Einlasskammer mit ihrer Laminarstrom-Einheit trocknet und wärmt die Glasbehälter vor und schützt die Fläschchen vor dem Rückstrom der heißen Luft aus der Heißkammer. In der Heißkammer werden die Glasbehälter dem thermischen Zyklus der Depyrogenisierung unterzogen. Bei dieser Behandlung werden die Glasbehälter einer Temperatur von 250 bis 340 Grad Celsius ausgesetzt, um die erforderliche Log 6-Keimreduktion zu erreichen. Der Begriff „Log-Reduktion“ („log“ für „logarithmisch“) ist ein mathematischer Begriff, der die relative Anzahl lebender Mikroben angibt, die durch die Dekontamination eliminiert werden. Die Dauer dieses Prozesses hängt von der erforderlichen Produktionsgeschwindigkeit ab. Die Maschine folgt validierten Rezepturen, die je nach Fläschchengröße auf bestimmte Zeit- und Temperaturparameter eingestellt wurden.

Die Kühlkammer entzieht den Glasbehältern Wärme und kühlt sie kontrolliert ab, um den Temperaturschock für die Fläschchen zu verringern. Eine luftdichte Isoliertür am Tunnelausgang, die mit hochtemperaturbeständigen, aufblasbaren Dichtungen ausgestattet ist, schützt den Füllisolator während der Sterilisation der Kühlkammer. Die Kühlkammer wird durch HEPA-gefilterte Heißluft mit einer Temperatur von 160 Grad Celsius sterilisiert. Das ST0-CCS-Förderband ist 300 Millimeter breit und die Depyrogenisierung erfolgt mit 242 Kubikmeter pro Stunde Einlassluft. Sobald die Kühlung die Glasbehälter auf die gewünschte Temperatur gebracht hat, werden die Fläschchen auf ein lineares Förderband (LBT) entladen und gelangen so zum Drehtisch RT600.

Die Fläschchen werden auf ein Förderband geladen, das in den Füllisolator führt. Ein Roboterarm greift jeweils eine Reihe von Fläschchen und setzt sie in ein leeres Nest. Sobald das Nest gefüllt ist, stellt der Roboter das Nest auf die Füllstation der Füll- und Verschließmaschine von Colanar, wo die Fläschchen nach Bedarf gefüllt und mit einem Stopfen versehen werden. Ein zweiter Roboter nimmt die gefüllten und verschlossenen Fläschchen auf und setzt sie auf ein Förderband, das den Füllisolator durch ein Shuttergate verlässt. Wenn das Produkt gefriergetrocknet werden muss, werden die Fläschchen in den IMA-Gefriertrockner geführt. Ansonsten werden sie direkt zur Verschließmaschine von Genesis transportiert, wo sie verschlossen werden.

Eine isolatorbasierte Linie für steriles Verpacken 

Die Fläschchen werden auf ein Förderband geladen, das in den Füllisolator führt. Ein Roboterarm greift jeweils eine Reihe von Fläschchen und setzt sie in ein leeres Nest. Sobald das Nest gefüllt ist, stellt der Roboter das Nest auf die Füllstation der Füll- und Verschließmaschine von Colanar, wo die Fläschchen nach Bedarf gefüllt und mit einem Stopfen versehen werden. Ein zweiter Roboter nimmt die gefüllten und verschlossenen Fläschchen auf und setzt sie auf ein Förderband, das den Füllisolator durch ein Shuttergate verlässt. Wenn das Produkt gefriergetrocknet werden muss, werden die Fläschchen in den IMA-Gefriertrockner geführt. Ansonsten werden sie direkt zur Verschließmaschine von Genesis transportiert, wo sie verschlossen werden.

Die Oberflächen des Steriline ISO, die mit dem Produkt in Berührung kommen, sind aus Edelstahl AISI316L gefertigt, während die Teile, die nicht mit dem Produkt und der Desinfektionslösung in Berührung kommen, aus Edelstahl AISI304L hergestellt sind. Die Leitungen für die Reinigungslösung mit Tri-Clamp-Anschlüssen sind aus Edelstahl AISI316L gefertigt. Die ISOs sind außerdem mit Handschuhen für die Eingriffe der Techniker und die Handhabung der Komponenten der Umgebungsüberwachung (Environmental Monitoring, EM) ausgestattet. Eine kontinuierliche EM von lebensfähigen und nicht lebensfähigen Partikeln ist vorgesehen. Das integrierte Steuerungssystem der ISOs besteht aus einer PLC und einem Touchscreen-Bedienfeld als HMI. 

Kombination der Lösungen von fünf Anbietern 

Da BSM eine Lösung für die Verarbeitung verschiedener Formate von Glasbehältern benötigte, bedurfte es der Zusammenarbeit von fünf Lieferanten, um diese Linie zu entwickeln, die bis zu 3.000 Einheiten/Stunde verarbeiten kann. Das können Fläschchen der Formate 2R bis 100R sein, die in RTU-Tubs verarbeitet werden, 0,5 - bis 5 Milliliter-Spritzen oder 3 Milliliter-Karpulen. Darüber hinaus kann die Lösung lose Fläschchen von 2R bis 100 Milliliter-VI53 verarbeiten, wobei die Produktionskapazität zwischen 3.000 Einheiten/Stunde und 900 Einheiten/Stunde liegt.

Die Linie kann jeweils einen Produktionszyklus durchführen, wobei der Gefriertrockner, der für den Gefriertrocknungsprozess gegebenenfalls mehrere Tage benötigen kann, so konzipiert ist, dass er unabhängig arbeitet. Dadurch kann der verbleibende Teil der Anlage eine Produktionscharge, die nicht gefriergetrocknet werden muss, verarbeiten und den Gefriertrockner umgehen.

Mit dieser Linie wurde die Produktionskapazität von BSM erhöht, so dass das Unternehmen seine Kunden bei deren klinischen Studien weiter betreuen und dank der flexiblen und hochmodernen Ausrüstung neue Kunden gewinnen kann. Eine Besonderheit des Projekts besteht in der Kooperation von fünf verschiedenen Lieferanten, die ihre Kräfte bündeln mussten, um eine komplette Linie zu realisieren. Nachdem Claranor, Colanar, Genesis und IMA ihre Aufträge erhalten hatten, spielte Steriline als Hauptlieferant eine wichtige koordinierende Rolle bei der Einbindung aller Maschinen und bot eine kosteneffiziente und vollautomatische Lösung an, die alle Anforderungen und Wünsche von BSM an eine neue Linie erfüllte. Darüber hinaus war auch der von Steriline angebotene Zeitplan für BSM akzeptabel. Zu zusätzlichen Herausforderungen kam es, weil Zulieferer während der Projektumsetzung aufgrund der weltweiten Engpässe in der COVID-19-Pandemie mit Problemen in der Lieferkette für elektrische und elektronische Komponenten zu kämpfen hatten. Die Lieferung von HMI-Bildschirmen verzögerte sich, was die termingerechte Fertigstellung des Projekts in Frage stellte.

In Abstimmung mit BSM trennte Steriline die Werksabnahmeprüfungen (Factory Acceptance Tests, FAT) der Maschinen, die lose Glasbehälter verarbeiten, von den Maschinen, die RTU-Tubs verarbeiten. Im August 2021 wurden RA-V4, VP300 und ST0-CCS im Fernverfahren getestet, da der Reiseverkehr zwischen den USA und der EU untersagt war. Steriline setzte eine Reihe von Kameras ein, um die Verfahren zu filmen und per Livestream zu übertragen, damit BSM sie von ihrer Einrichtung aus überwachen konnte. Im November 2021, als Reisen wieder möglich waren, wurde der RTU-Abschnitt der Linie zusammen mit den jeweiligen Isolatoren (RT600, LBT, SDB, RTDS2 und ADE) bei Steriline in Anwesenheit des BSM-Teams getestet, und im Februar 2022 wurde der Rest der Linie an BSM geliefert. In den darauffolgenden Monaten hat Steriline seine Maschinen installiert und in Betrieb genommen und schließlich die Standortabnahme (Site Acceptance Test, SAT) durchgeführt.