VERPACKUNG

Interview mit B Medical Systems

 Kühlkettenlösungen für die 
 Pharma-Industrie  



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PHARMATECHNIK sprach mit Luc Provost, CEO von B Medical Systems (BMS) , einem weltweit aktivem Hersteller und Vertreiber von medizinischen Geräten mit über 40-jährigen Erfahrung. Das Unternehmen entwickelt innovative Lösungen, um Impfstoffe, Blutkomponenten oder Laborproben sicher und zuverlässig zu lagern und weltweit zu transportieren. Heute bieten sie eine End-to-End-Lösung von Kühlgeräten, die nach EU MDR, US FDA und WHO PQS zertifiziert sind. Dazu gehören medizinische Impfstoffkühlschränke, Laborkühlschränke, Laborgefrierschränke, Blutbank-Kühlschränke, Plasma-Gefrierschränke, Kontaktplatten-Schockeinfriergeräte , Ultra-Tiefkühlschränke und Transportsysteme, die eine ununterbrochene Kühlkette für die sichere Lagerung und den Transport aller medizinisch temperaturempfindlichen Produkte oder Proben gewährleisten

Luc Provost
CEO von B Medical Systems (BMS)

 PHARMATECHNIK:  Was war die größte Herausforderung für die pharmazeutische Industrie in Bezug auf die Kühlung während der Corona-Pandemie? 

Provost: Es kam bislang nur selten vor – zum Beispiel beim Impfstoff für Ebola – dass Impfstoffe über die ganze Lieferkette hinweg so stark gekühlt werden mussten. Da die meisten Impfstoffe bei Kühlschrank-Temperatur gelagert werden können, waren die wenigsten Krankenhäuser, Arztpraxen oder Logistikzentren darauf vorbereitet. Eine Temperatur von bis zu -80 Grad Celsius zu erreichen und gleichmäßig zu halten ist keine triviale Aufgabe. Des Weiteren musste in kurzer Zeit eine große Menge an Impfstoffen gelagert und ausgeliefert werden – und das weltweit. Hinzu kam, dass die verschiedenen Impfstoffe unterschiedliche Temperaturanforderungen stellen. Dies hat die Lagerung und den Transport zusätzlich erschwert. So konnten die Dosen von unterschiedlichen Herstellern nicht gemeinsam gelagert und transportiert werden. Eine weitere Herausforderung betrifft vor allem Entwicklungsländer. Während hier in Europa die Infrastruktur gut ist, müssen die Impfstoffe in Afrika beispielsweise bei einer Außentemperatur von bis zu 40 Grad Celsius und mehr gelagert sowie an entlegene Orte transportiert werden. Zudem kann es dort zu Stromausfällen kommen, was zu einer Unterbrechung der Kühlkette führt und somit dazu, dass die gelagerten Dosen ihre Wirkung verlieren. Die Überwachung der Kühlkette ist deshalb sehr wichtig, nicht nur in Entwicklungsländern. Die Temperatur in den Ultratiefkühlschränken, Transportboxen usw. muss lückenlos überwacht werden. Alles in allem ist war das eine sehr komplexe und noch nie dagewesene Herausforderung.

 PHARMATECHNIK:   Mit welchen Lösungen haben Sie Ihre Kunden bei der Bewältigung dieser Herausforderung unterstützen können? Hat die aktuelle Situation die Neuentwicklung von Produkten oder Lösungen erfordert? 

Provost: Die Situation ist eine große Herausforderung. Doch da wir bereits seit über 40 Jahren unter anderem mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammenarbeiten, hatten wir bei BMS schon viel Erfahrung mit Kühlketten, vor allem in Entwicklungsländern. Auf diese Erfahrungen konnten wir dann zurückgreifen.  

Außerdem war es schon immer unser Anspruch, Geräte zu entwickeln, die auch unter schwierigsten Bedingungen stets beste Leistung liefern. Dies kam uns in dieser Situation natürlich zugute. Wir haben uns auf unsere bewährten Produkte und Lösungen konzentriert und da vor allem die Produktion erhöht, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Um unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen und so schnell wie möglich die erforderliche Menge an Geräten zu liefern, haben wir die Produktion hochgefahren und unser Werk in Luxemburg erweitert. Derzeit sind wir dabei, unser neues Werk in Indien fertig zu stellen.  

Allerdings ist uns die Impfstoffverteilung in Entwicklungsländern sehr wichtig. Im Zuge der Pandemie haben wir daher zusammen mit Toyota das erste Kühlfahrzeug mit einer PQS-Vorqualifizierung (Performance, Quality, Safety) von der WHO entwickelt. Dieses Fahrzeug eignet sich ideal für den zuverlässigen Transport von Impfstoffen, Medikamenten oder anderen Proben, die in einem Temperaturbereich von 2-8 Grad Celsius gelagert und sicher durch unwegsames Gelände transportiert werden müssen.  

 PHARMATECHNIK:   Könnten Sie hierfür ein konkretes Anwendungsbeispiel geben? 

ProvostWir haben weltweit beim Aufbau von Kühlketten geholfen und Regierungen, Logistiker sowie Organisationen unterstützt und beraten. Konkret haben wir in Luxemburg das Gesundheitsministerium beraten und anschließend die komplette Kühlkette für das Immunisierungsprogramm vor Ort aufgebaut. Wir haben dafür das zentrale Lager, wo die Lieferungen der unterschiedlichen Impfstoffe ankommen und gelagert werden, mit Ultra-Tiefkühlgeräten ausgestattet. Diese sind für einen Temperaturbereich zwischen -20 bis -86 Grad Celsius ausgelegt. Somit brauchte man nicht unterschiedliche Geräte für die verschiedenen Impfstoffe, sondern konnte den Impfstoff von BioNTech im selben Gerät lagern, wo am Tag zuvor vielleicht noch der Impfstoff von Moderna gelagert wurde. Zusätzlich haben wir zahlreiche Transportboxen zur Verfügung gestellt, damit die Impfstoffe vom zentralen Lager aus sicher in die einzelnen Impfzentren gelief ert werden konnten. Dort haben wir Gefriergeräte bereitgestellt, die für die kurzfristige Lagerung vor der Impfung verwendet worden sind. Die Transportboxen wurden auch verwendet, um beispielsweise Altenheime mit Impfstoff zu beliefern. Wir haben also in kürzester Zeit eine komplette Kühlkette, vom Logistikzentrum bis hin zum Arm des Impflings, aufgebaut und die Verantwortlichen auch mit unserer Expertise unterstützt. Zusätzlich konnte die Kühlkette bzw. vor allem die Innentemperatur der Geräte jederzeit mithilfe unserer Lösungen überwacht werden. Hier kam uns zugute, dass wir bereits komplette Kühlketten aufgebaut haben. So haben wir unter anderem bereits 2005 mit dem Aufbau einer Kühlkette für Impfstoffe in Nigeria begonnen.

 PHARMATECHNIK:   Wie wird sich die Kühlgeräte-Technologie in der Zukunft weiterentwickeln? 

ProvostIm medizinischen Umfeld gibt es neben Impfstoffen auch zahlreiche biologische Proben oder Medikamente, die eingefroren oder gekühlt gelagert werden müssen – zum Beispiel Blut und Blutplasma. Der Bedarf wird also nicht sinken. Medizinische Kühlgeräte werden seit ihren ersten Einsätzen ständig weiterentwickelt. Allein schon deshalb, weil sich die Regulierung immer wieder ändert und neue Anforderungen definiert, wie zum Beispiel die seit diesem Jahr in Europa gültige Medical Device Regulation (MDR).   

Aktuell treibt B Medical Systems die Weiterentwicklung vor allem in Richtung Nachhaltigkeit. B Medical Systems entwickelt immer umweltfreundlichere und energieeffizientere Kühlgeräte. Das ist wichtig, denn ein Ultratiefkühlschrank verbraucht pro Tag in etwa so viel Energie wie ein durchschnittlicher Familienhaushalt. Ein weiteres Problem waren auch die verwendeten Kühlmittel, die ein beträchtliches Ozonabbaupotential und ein hohes Treibhauspotential hatten. Auch dieses Problem haben wir adressiert und verwenden jetzt natürliche Kühlmittel wie Propan und Ethan.   

Natürlich entwickeln wir ständig neue Lösungen oder verbessern bestehende für den Einsatz unter schwierigen Bedingungen. In Entwicklungsländern, wo Stromausfälle häufig sind, spielt vor allem die Verbesserung der Autonomie eine bedeutende Rolle. Dazu verbessern wir die Isolierungen und die verwendeten Materialien, sodass die Geräte auch ohne Strom oder ohne aktive Kühlung die Temperatur im Inneren über einen längeren Zeitraum konstant halten können. Zusätzlich werden auch die Überwachung und Vernetzung der Geräte immer wichtiger.  

Herr Provost, wir danken Ihnen für dieses Interview!